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Die Blütezeit des Briefes
Die meisten Briefe verfassten die Menschen im 18. und 19. Jahrhundert. Die Tastatur oder auch das Telefon waren noch nicht erfunden, Reisewege mühsam, so griff man für den privaten wie für den intellektuellen Austausch zu Feder und Tinte. Ob Friedrich Schiller und Wilhelm von Humboldt oder Vater und Sohn: vor allem das gebildete Bürgertum tauschte sich im raschen Hin und Her der Briefe aus. Der immer schnellere Postverkehr förderte das. Im Deutschland der Kleinstaaterei fehlte das geistige Zentrum, das Wissenschaftler, Literaten, Denker deshalb auf Papier schufen. So schreibt der politisch engagierte Karl Gutzkow (geb. 1811): „Gott, was müssen wir Briefe schreiben, um uns jenes geistige Paris zu bauen“.
In der Kürze liegt die Würze
SMS und WhatsApp verknappen den Urlaubsgruß auf ein paar Zeichen nebst Foto und Emoji. Die Postkarte trug bereits seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Flut an Grüßen oder Lebenszeichen weiter. Bis zu siebenmal am Tag wurden in Großstädten die oft bebilderten Kurzbotschaften zugestellt. Wer die übervollen, kunterbunten Ständer vor Buchhandlungen und Schreibwarenläden sieht, mag auch nach 150 Jahren trotz WhatsApp kaum an ihr Verschwinden glauben.