Montag, 01. Mai 2023

Strafen mit Maß

Anweisung für Landschullehrer in Zeiten der Aufklärung 1807 wird die vierte Auflage der „Anweisung zum zweckmäßigen Schulunterricht für die Schullehrer im Hochstifte Münster“ von Bernard Overberg, „Lehrer der Normalschule“, in Münster gedruckt. Sie erscheint erstmals 1793. In dieser Zeit versucht der preußische Staat, den Einfluss der Kirche auf das Schulwesen zurückzudrängen. Religiöse Unterweisung soll trotzdem in unruhigen Zeiten soziale Stabilität gewähren. So bleiben die Landschullehrer der Kirche unterstellt.
Buchseite "vom Belohnen und Strafen"

Der katholische Theologe Overberg steht für diese Haltung, die sich aber im Geiste der Aufklärung auf das gute Vorbild des Lehrers beruft. Er erzieht die Kinder zu dem Willen Gottes entsprechende Menschen.

Overberg appelliert in einer Zeit, in der körperliche Züchtigungen zuhause wie in der Schule alltäglich waren, an die Lehrer, eher auf Belohnung als auf Strafe zu setzen. Und beim Strafen sei Maß und Umsicht geboten. Vernünftige Menschen können nicht nur durch Strafen erzogen werden. Er zieht Schläge in Betracht, empfiehlt aber, damit bis zum Ende des Unterrichts zu warten. Vielleicht trete bei dem Kind eine Besserung ein, die das Schlagen unnötig mache.

Strafen und Belohnungen gelten seit jeher als Mittel, die Heranwachsenden auf den richtigen Weg zu bringen, um sie zu sittsamen, gottesfürchtigen Untertanen zu formen. Doch gibt es unter den Autoren von Erziehungsbüchern durchaus das Bewusstsein, dass der Lehrer, der häufig strafen muss, selbst „schwach oder unbesonnen“ sei (Carl Friedrich Lauckhard, Katechismus des Unterrichts und der Erziehung, 1856).

Mittelalterliche Buchmalereien zeigen Ruten oder Bakel, eine Art Holzlöffel, mit denen die Klosterschüler gestraft werden. Die Rute wird sogar zum Symbol für den Lehrer und seine – strafende – Autorität. 

Während des Deutschen Kaiserreichs (ab 1871), da militärischer Geist weit verbreitet ist und auch in der Schule Zucht, Disziplin und Ordnung eingepaukt werden sollen, bleibt die körperliche Züchtigung erlaubt. 1918 wird in Mecklenburg-Schwerin die körperliche Strafe abgeschafft, allerdings acht Jahre später wiedereingeführt. Nur in Sachsen bleibt die körperliche Züchtigung seit 1921 untersagt.

Die Nationalsozialisten (1933 bis 1945) achten weniger auf die intellektuelle als vielmehr auf die charakterliche Bildung. Und das im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie von Rassereinheit, Zucht und Härte. In Sachsen werden Strafen wiedereingeführt und allgemein ist die Härte ein grundlegendes Mittel in der Erziehung.

In der DDR ist es bereits seit 1949 den Lehrerinnen und Lehrern untersagt, ihre Schülerinnen und Schüler körperlich zu züchtigen. Erst 1973 werden in der Bundesrepublik Körperstrafen in der Schule verboten.

Heutige Schulstrafen sind zum Beispiel der Eintrag ins Klassenbuch, Nachsitzen, Strafarbeiten oder Verweise, die bis zum Schulausschluss reichen können.

 

Dr. Friederike Lutz /
Susanne Appl (wissenschaftliche Volontärin)

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