Mittwoch, 01. Mai 2019

Schulranzen

Den ersten Schulranzen bekommen die Kinder zu verschiedenen Anlässen. Egal ob an Ostern, am Geburtstag oder auch am ersten Schultag, jeder ABC-Schütze ist stolz auf seinen Ranzen. Das Angebot ist riesig. Neben dem attraktiven Äußeren soll der Schulranzen den Kindern nicht zur Last fallen, sondern als Unterstützung dienen. Ergonomie ist heute das große Thema. Dies war jedoch nicht immer so.
Schulranzen aus den 1970er Jahren, mit Fell überzogen und Katzenaugen als Schließe
Der Schulranzen aus den 1970er Jahren sieht mit seinem Fellbezug noch aus wie frühere Modelle, weist mit den Katzenaugen aber schon Merkmale moderner Ranzen auf.

Die Geschichte des Schulranzens reicht in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück. Zu den Schiefertafeln, Griffeln und Läppchen gesellen sich die ersten Schulbücher und Hefte. Es wird allmählich unmöglich, sich alles unter den Arm zu klemmen. Als Lösung dient wie bei vielen Neuerungen (siehe Schülermützen) auch hier das Militär als Vorbild: In seinem Tornister bewahrt der Soldat sein ganzes Hab und Gut, welches er auf langen Märschen mit sich führt. Dieses Vorbild scheint auch im Erscheinungsbild der aufkommenden Schulranzen durch. Genau wie beim Tornister haben die Ranzen für die Jungen eine große Vorderklappe, die mit zwei Schließen verschlossen wird. Die Schulranzen für Mädchen besitzen eine kleine Klappe und werden mit einer Schließe geschlossen. Mit ihren zwei Trägern ähneln sie jedoch eher den Handtaschen der erwachsenen Frauen.

Da Leder ein sehr teures Material ist, behelfen sich die Menschen:  Schulranzen werden in holzreichen Gegenden (z. B. im Schwarzwald) aus Fichtenholz oder in Notzeiten sogar aus Blech gefertigt (von beiden Varianten können Sie ein Exemplar bei uns im Museum bestaunen). Eine gängige Praxis ist es, den Schulranzen zu „vererben“. Die jüngeren Geschwister, egal ob Junge oder Mädchen, übernehmen den Schulranzen der älteren Kinder. Um zu vermeiden, dass die Kinder gehänselt werden oder sich unwohl mit dem Schulranzen fühlen, wird die Klappe mit Stoff überzogen und erhält dadurch ein neueres Aussehen. Dieser Stoffbezug wird mit verschiedenen Mustern bestickt.

Bis in die 1970er Jahre bestehen Schulranzen oftmals aus Leder. Meist mit bunten, oft sogar knalligen Farben lackiert und mit verschiedenen Kindheitshelden bedruckt. Im Jahr 1975 kommt der erste „Scout“ des süddeutschen Unternehmens Sternjakob auf den Markt. Dieser ist aus Nylon und ergonomisch geformt.  

Unser „Objekt des Monats Mai“ stammt aus den 1970er Jahren. Bei diesem Ranzen verschmelzen das „Alte“ (Form und Material) mit dem „Neuen“ (Katzenaugen). Er besteht aus einem Körper aus Pappe, mit Leinen und Pferdefell bezogen. Neben einem Schulranzen aus dem Ende des 19. Jahrhunderts würden dem Betrachter wohl nur die Katzenaugen als Unterschied auffallen.

Pascal Koths (wissenschaftl. Volontär)