Sonntag, 01. Oktober 2023

Beleuchteter Spielzeugfernseher aus 1960er-Jahren

Noch heute sind sie in vielen Kinderzimmern zu finden: die klassischen Puppenstuben, die Wohnungen und Häuser samt Einrichtung im Kleinformat nachbilden. Traditionell aus Holz, in den vergangenen Jahren jedoch auch häufig aus Kunststoff hergestellt, sind sie ein zeitloses und auch in der DDR (1949 bis 1990) beliebtes Kinderspielzeug.

In den Puppenstuben finden neben klassischem Mobiliar wie Tischen, Stühlen, Bettchen und Puppen auch eine Vielzahl täuschend echt aussehender Miniaturhaushaltsgeräte ihren Platz. So auch dieser aus der DDR stammende Spielzeugfernseher eines unbekannten Herstellers aus den 1960er Jahren: Fünf Drehbilder zeigen auf dem Bildschirm des aus Kunststoff und Holz bestehenden Geräts Szenen aus dem Märchen „Schneewittchen“. Mittels des ehemals mit einer Glühbirne verbundenen Steckers kann die Mattscheibe sogar beleuchtet werden und imitiert so noch realistischer den Eindruck „echten“ Fernsehens.

Am 3. Januar 1956 beginnt der Deutsche Fernsehfunk (DFF) als erster Sender sein Programm in der DDR auszustrahlen. Das Fernsehen wird zu einem beliebten und in den meisten ostdeutschen Haushalten präsenten Medium. Kinder im Alter von sechs Jahren verbringen 1989 in der DDR im Schnitt bereits täglich eine Stunde, 13jährige sogar knapp zwei Stunden vor dem Fernsehbildschirm.

Für jüngere Kinder finden sich vor allem belehrende Fernsehspiele, für die Älteren auch politisierende Magazine im Programm. Zudem bringt das Kinderfernsehen der DDR 1959 die noch heute bei Jung und Alt bekannte Kultfigur des Sandmännchens heraus. In Folge der restriktiven Filmpolitik der DDR-Führung, die ideologisch gefärbte Fernsehproduktionen für Kinder finanziell fördert und zugleich regimekritische Themen ablehnt, finden ab den 1960ern  märchenhafte Stoffe vermehrt Eingang ins ostdeutsche Fernsehen.

Das volkseigene Filmunternehmen der DDR, die DEFA, verfilmt zwischen 1960 und 1969 neben Schneewittchen  weitere Märchenklassiker wie Rotkäppchen, Frau Holle, Die goldene Gans oder König Drosselbart. Diese altbekannten Märchen sind an sich zwar wenig ideologisch, werden aber dennoch zur Erziehung und Bildung des jüngeren Publikums instrumentalisiert und stellen eine wichtige Konstante in der Programmgestaltung des DDR-Fernsehens dar. Ihre Attraktivität wird durch die prominente Besetzung der Rollen mit bekannten Schauspielerinnen und Schauspielern aus der Theater- und Filmszene der DDR noch zusätzlich gesteigert.

Der kleine Spielzeugfernseher aus der Sammlung des Schulmuseums verweist somit nicht nur auf den Aufschwung des Fernsehens als politisch instrumentalisiertes Medium während der DDR-Zeit, sondern auch auf die Bedeutung des Märchens im damaligen Kinderfilm und -fernsehen.

Lara Pfaumann (studentische Hilfskraft)

Alle Bilder