Dienstag, 01. November 2022

Antisemitisches Kinderbuch aus 1936

Kinder rücken von klein auf in den Fokus nationalsozialistischer Propaganda. Ideologische Kinderbücher sind ein einfaches Mittel, um schon den Jüngsten zu vermitteln, dass sie sich vor jüdischen Menschen in Acht nehmen müssen. Unbemerkt werden so den Kindern antisemitische Stereotype beigebracht. Kindgerechte Reime und viele Bilder verbreiten die Botschaft vom „bösen, faulen und betrügerischen Juden“ anschaulich und niederschwellig.
Titelseite des Buches

Der Umschlag des Buches „Trau keinem Fuchs auf grüner Heid und keinem Jud bei seinem Eid“ zeigt einen Juden gemäß den Vorstellungen der Nationalsozialisten unter einem Davidstern stehend. Daneben das Bild eines Fuchses, der um die Ecke lugt und hämisch grinst. Das stellt Juden und Jüdinnen auf eine Stufe mit dem Tier und das Klischee von „hinterlistig wie ein Fuchs“ wird weitergegeben: Der Fuchs als Sinnbild für das Böse, die Habgier und List wird hier dem jüdischen Menschen gleichgesetzt. Dieses Kinderbuch erscheint im Jahr 1936 und bietet eine „Anleitung“ zum Rassenhass.

Ein Vers aus dem Buch beschreibt die Ausgrenzung von jüdischen Menschen aus der Schule:

„Nun wird es in den Schulen schön;
Denn alle Juden müssen gehen,
Die Großen und die Kleinen.
Da hilft kein Schrein und Weinen
Und auch nicht Zorn und Wut.
Fort mit der Judenbrut!“

Diese Hetze in Kinderbüchern ist nur ein kleiner Teil davon, was jüdischen Menschen während der Zeit des Nationalsozialismus wiederfährt. Sie mündet in der massenhaften Ermordung vom mehr als sechs Millionen Juden und Jüdinnen in ganz Europa.

Bilderbücher wie diese sind kein Einzelfall – es gibt zahlreiche ähnliche. Der Nürnberger Nationalsozialist Julius Streicher gründet bereits 1923 den Verlag „Der Stürmer“, der neben dem Objekt des Monats noch weitere antisemitische Kinderbücher und eine propagandistische Wochenzeitung herausgibt. Streicher ist Gauleiter des Gaus Franken und eine treibende Kraft bei der Hetze gegen Juden und Jüdinnen, weshalb er für die Nationalsozialisten sehr bedeutend ist.

Seit 1933 ist die „Rassen- und Erbkunde“ fächerübergreifend im Schulunterricht verpflichtend. Dadurch werden die Schülerinnen und Schüler den Ideen der Nationalsozialisten und Vorstellungen der Überlegenheit der „arischen“ Rasse ausgesetzt. Kinder- und Schulbücher stellen die „typisch deutschen“ Tugenden wie Treue, Mut, Ehre und Kampfeswillen den von den Nationalsozialisten als schlecht und „typisch jüdisch“ bezeichneten Werten der Lüge, Hochmut, Ungehorsamkeit und Hinterlistigkeit gegenüber.

Susanne Appl (wissenschaftliche Volontärin)

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