Zerbrochene Schiefertafel
Mitte des 19. Jahrhunderts hält die Schiefertafel, damals noch als Mangelware, ihren Einzug in die Schulen. Sie ist das Handwerkszeug für die Erst- und Zweitklässler zum Schreiben und Rechnen lernen. Geschrieben wird mit einem Griffel aus Schiefer. Im Gegensatz zum Papier hat die Tafel den Vorteil, dass alles Geschriebene – und somit auch jeder Fehler – gelöscht werden kann. Tintenkiller, wie wir ihn heute kennen, gibt es nicht. Mit einem feuchten Schwämmchen wird die Schieferplatte gewischt und mit einem Tafelläppchen abgetrocknet. Anhand des Tafelläppchens können die Kinder übrigens auch als Schulanfänger identifiziert werden. Denn das feuchte Läppchen hängt auf dem Heimweg außerhalb des Schulranzens, damit es an der frischen Luft trocknen kann. Bereits um 1900 werden „unzerbrechliche“ Schiefertafeln hergestellt. Sie bestehen aus einer beschichteten Holzplatte oder aus Kunststoff. Ab den 1960er Jahren geht die Verwendung von Schiefertafeln in Schulen zurück.
In ihrer Form hat sich die Schiefertafel bis heute nicht verändert. Damals wie heute gibt es die eingebettete Schieferplatte in verschiedenen Varianten. So ist eine der Seiten mit den verschiedensten Liniaturen versehen und die andere Seite entweder kariert, blank oder beides. Es gibt auch Tafeln mit zwei blanken Seiten, so wie das ausgestellte Modell. Eine Besonderheit lässt sich im Gebiet des ehemaligen Württemberg feststellen. Bis 1967 gibt es hier evangelische und katholische Volksschulen – und beide haben ihre eigene Schiefertafel. Sie unterscheiden sich darin, dass die „katholische Tafel“ eine blanke Seite aufweist und die „evangelische Tafel“ eine Halbkarierte.
Die einzige Firma, die Schiefertafeln in Süddeutschland herstellt, wird im Jahr 1881 von Otto Steinhart und seinem Stiefbruder Hermann gestiftet: die „Gebrüder Steinhart Schiefertafel- & Holzwarenfabrik Dettingen (Hohenzollern)“. Das Sortiment des Unternehmens umfasst auch Griffel, Griffelkästen, Schultafeln (Wandtafeln) und andere Schulutensilien sowie Malereibedarf. Nach 83 Jahren wird die Produktion von Schiefertafeln 1965 eingestellt.
Da die Schiefertafel ein Kennzeichen der Schulkinder jener Zeit ist, wird sie auch in der Kunst gerne aufgegriffen. Neben den Situationen, in denen die Kinder beim Schreiben dargestellt werden, ist auch die zerbrochene Schiefertafel als Motiv beliebt. Es zeigt an, wie wichtig die Tafel damals ist und wie schwer es ist, Ersatz zu bekommen. Auch Fotografen bedienen sich dieses Motives. Dies zeigen auch die Bilder des Volksschullehrers und Hobbyfotografen Walter Remmel (1905-1945) aus Landshut, von dem folgende Aufnahmen stammen.
Pascal Koths (wissenschaftl. Volontär)