Punktschriftmaschine
Die grüne Schreibmaschine der Marburger Firma blista wird vermutlich in den 1970er oder 1980er- Jahren gebaut. Sie kommt mit nur sechs Tasten, einer Leertaste und einer Rückstelltaste aus. Die sechs Tasten stehen jeweils für einen Punkt der Brailleschrift. Durch eine Kombination der Tasten ist es möglich, alle Buchstaben und Satzzeichen der Brailleschrift in Papier zu stanzen. Der aufgerollte Papierstreifen bietet den Vorteil, dass das Papier nicht so oft gewechselt werden muss. Die Punktschriftmaschine wird in einem Koffer verkauft, sodass sie flexibel einsetzbar ist.
Der Franzose Louis Braille (1809 bis 1852) erblindet als Kind vollständig und besucht eine Blindenschule. Dort bemerkt er, dass viele Blinde große Schwierigkeiten haben lesen und schreiben zu lernen. Blinde Menschen sollen damals lernen die lateinischen Buchstaben zu ertasten. Die Unterschiede sind jedoch nur schwer zu erkennen. Noch als Schüler entwickelt Louis Braille 1825 deshalb die Brailleschrift, bestehend aus sechs Punkten. In zwei Reihen sind jeweils drei Punkte übereinander angeordnet. Je nachdem wie sie angeordnet sind, stehen sie für einen Buchstaben, ein Satzzeichen oder eine Ziffer. Jede Stelle kann mit einem Punkt belegen werden oder leer bleiben. Insgesamt sind 63 Kombinationen möglich. Die Brailleschrift wird an immer mehr Blindenschulen eingesetzt und 1878 zur offiziellen internationalen Blindenschrift erklärt. Die neue Schrift ermöglicht Blinden ganz neue Möglichkeiten. Sie können nun viel leichter lesen und schreiben.
Der Blindenpädagoge Oskar Picht (1871 bis 1945) entwickelt 1899 die erste Blindenschreibmaschine. Sie hat sechs Tasten, die jeweils für einen Punkt der Brailleschrift stehen. Die Punkte werden von der Maschine in das Papier gestanzt und können direkt abgelesen werden. Jetzt ist es auch unkompliziert möglich in Sekundenschnelle sämtliche Zeichen der Brailleschrift zu schreiben.
Auch das Objekt des Monats basiert auf Pichts Prinzip. Die Maschine wird von der blista, der Blindenstudienanstalt in Marburg, hergestellt. Die blista wird während des Ersten Weltkrieges (1914 bis 1918) gegründet und will zunächst Soldaten, die blind oder sehbehindert aus dem Krieg zurückkehren, eine höhere Schul- und Berufsausbildung ermöglichen. Bis heute ist die blista ein wichtiges Bildungszentrum mit eigenen Schulen, Internaten, Rhea-Einrichtungen und einer Bibliothek. Darüber hinaus produziert sie Materialien für den Unterricht und Hilfsmittel für Blinde. Auch mechanische Schreibmaschinen, ähnlich dem Objekt des Monats, produziert und verkauft die blista bis heute.
Karin Oelfke (wissenschaftl. Volontärin)