Lehr-Schiff-Schaukel aus 1900
Die „Lehr-Schiff-Schaukel“ eines unbekannten Herstellers wird vermutlich um 1900 gebaut. Das Blechspielzeug stellt eine Schiffschaukel dar, wie sie im Deutschen Reich seit den 1890er Jahren auf Jahrmärkten zu finden ist. Auch heute sieht man diese Art der Schiffschaukel, in der sich zwei Personen durch ihre eigene Körperkraft in Bewegung versetzten, manchmal noch.
Die Bauteile des Schiffschaukelmodells sind mit Buchstaben von A bis Z versehen. Der Aufbau folgt dem Alphabet und verbindet so den Spaß am Bauen mit dem Abc-Lernen. Die Kinder, denen die Schiffschaukel ursprünglich gehört, haben höchstwahrscheinlich wohlhabende, bürgerliche Eltern. Ärmere Familien können sich den Kauf von Spielsachen nicht leisten. Die Kinder spielen stattdessen mit selbstgebauten Dingen. Im 19. Jahrhundert steht in bürgerlichen Familien stärker als zuvor das Kind und dessen Erziehung im Vordergrund. Und so entsteht ein stetig wachsender Markt an Kinderliteratur, Kinderkleidung und Kinderspielzeug. Die Industrialisierung begünstigt dies noch. Spielsachen aus Blech werden jetzt in großer Zahl hergestellt und Menge und Vielfalt des Spielzeuges in den bürgerlichen Kinderzimmern wachsen.
Spielsachen gewinnen auch in der Erziehung und Bildung der Bürgerkinder an Bedeutung. Die Kinder, insbesondere die Söhne, sollen zu gebildeten und erfolgreichen Erwachsenen erzogen werden. Mit vielen Spielsachen haben die Kinder deshalb zwar Spaß, lernen aber auch etwas. So gibt es Spielzeuge, die den Schulstoff vorweg nehmen oder unterstützen. Spielerisch lernen die Kinder unter anderem Buchstaben und Zahlen kennen.
Lernspielzeug ist auch heute noch weit verbreitet. Besonders Lernhefte und -bücher gibt es in großen Mengen. Vorschulkinder können beispielsweise kleine Rechenaufgaben lösen, die Uhrzeiten kennenlernen oder das Alphabet entdecken. Anders als damals sind Spielsachen nicht mehr nur den Kindern wohlhabender Eltern vorbehalten. Die massenhafte Produktion macht sie zu preiswerten Objekten für die breite Bevölkerung.
Karin Oelfke (wissenschaftl. Volontärin)