Die Häschenschule - Ein Bilderbuchklassiker
So beschreibt 1956 Alfred Sixtus selbst Entstehung und Erfolg seines berühmten Bilderbuches http://www.albert-sixtus.de/haeschenschule.php?aktiv=haeschenschule&PHPSESSID (Abruf 23.03.2022). Bis heute wird es immer wieder neu aufgelegt, inzwischen im Thienemann-Esslinger Verlag.
Alfred Sixtus (1892 bis 1960) ist ein bekannter Märchen- und Kinderbuchautor, dessen „Häschenschule“ mit Abstand sein erfolgreichstes ist.
Die Illustrationen von Fritz Koch-Gotha zeichnen ein idealisiertes Bild der ländlichen Volksschule im ausgehenden 19. Jahrhundert. Schiefertafel, Schwamm und Lappen, Rohrstock und mahnender Zeigefinger, Zuhören und Aufsagen, aber auch der Schabernack vor allem der Knaben prägen den Waldschulalltag. Sütterlinschrift, 1941 von den Nationalsozialisten verboten, ziert das Cover bis zum Zweiten Weltkrieg (1939 bis 1945).
Unser Exemplar von 1930 weist die 41.-45. Auflage aus, schon damals also ein Bestseller. 1949 siedelt Alfred Hahns Verlag von Leipzig nach Hamburg um. Auf dem Cover unseres zweiten, nicht exakt datierbaren Exemplars, das nach dem Zweiten Weltkrieg in Hamburg erscheint, ist der Rohrstock des Lehrers, den er vorher unter den Arm geklemmt hat, getilgt. Und: In den Buchausgaben vor dem Zweiten Weltkrieg muss auf Seite 17/18 der Hasenmax wegen seiner Vergehen in den „Karzer“, also in die damals so genannte schulische Arrestzelle, während der Lehrer den Rohrstock in der rechten Hand hält. In den Nachkriegsexemplaren ist auch hier nicht nur der Rohrstock verschwunden, sondern Max muss nur noch in die Ecke. Das Ohr zieht der Lehrer dem Schüler aber hier wie dort lang.
Bis in die 1970er Jahre sind die Körperstrafen in den bundesdeutschen Schulen zugelassen. Dass aber Stock und Karzer aus der Nachkriegsversion der „Häschenschule“ verschwinden, mag den Gewalterfahrungen im NS-Regime und im Krieg geschuldet sein.
Die „tageszeitung“ titelt am 27. März 2013 „Nicht kaufen! Die Häschenschule ist Trash“ und zielt auf die konservative, wenn nicht reaktionäre Haltung gegenüber Schule und Rollenbildern ab: Während die Jungen in der Pause toben und rangeln, sind die Mädchen sittsam und still. „Es geht um ein System von Befehl und Gehorsam“, bringt der Autor seine Kritik auf den Punkt.
Dr. Friederike Lutz, Museumsleitung