Das Praxinoskop
Mitte der 1890er Jahre werden verschiedene Geräte für Filmvorführungen erfunden, von denen sich schließlich der „Kinematograph“ der Brüder Auguste und Louis Lumière durchsetzen kann. Im Deutschen Reich wird das erste Mal im November 1895 in Berlin ein Film gezeigt. Diese ersten Filme sind meist kürzer als eine Minute und zeigen Alltagsszenen. Und doch sind die Vorführungen beim äußerst erstaunten Publikum sehr beliebt.
Schon vor dem Durchbruch des Kinematographen gibt es Vorführungen, bei denen das Publikum über bewegte Bilder staunt: Im 19. Jahrhundert kommen verschiedene Geräte auf, die bewegte Bilder zeigen – oft in Vorführräumen ähnlich zu den späteren Kinos oder auf Jahrmärkten und in Zirkussen. Zu diesen Vorläufern des Kinematographen gehört die Wundertrommel (Zoetrop), das Wunderrad… und unser Objekt des Monats: das Praxinoskop.
Das Praxinoskop wird 1877 (unser Modell stammt aus 1878) vom Franzosen Émile Reynaud erfunden. Es besteht aus einer Trommel, an deren äußerem Ring mehrere gemalte Bilder befestigt werden. Ihnen gegenüber befinden sich an einem inneren Ring ebenso viele Spiegel – immer exakt einem Bild gegenüberliegend. Die Trommel lässt sich mit einer Kurbel oder bei späteren Modellen mit einem Motor in Bewegung setzen. Blickt man dann auf die Spiegel der sich drehenden Trommel, scheint es, als würden die Bilder sich bewegen. Dieser Eindruck entsteht, weil das Auge in den Spiegeln immer wieder ein neues Bild sieht. Das Gehirn interpretiert dies als die Bewegung ein und derselben Abbildung. In unserem Fall sieht es also so aus, als würde der Musikant trommeln. Einige Praxinoskope verfügen zusätzlich noch über einen Kerzenhalter und einen Schirm, der an einer Kerze befestigt wird. 1892 erfindet Reynaud den Nachfolger, das théâtre optique. Bei diesem wird ein fester Hintergrund auf eine Leinwand projiziert, auf den Bilder von einer Filmrolle gespiegelt werden. Dies ermöglicht es, Filme von einer Länge bis zu 15 Minuten zu zeigen. Bei diesem Nachfolger werden anders als beim Praxinoskop keine gemalten Bilder, sondern Fotos projiziert. Bis zur Einführung des Kinos sind Reynauds Vorführungen sehr erfolgreich, mit dem Aufkommen des Kinos schwindet sein Erfolg jedoch, sodass er 1900 sein Geschäft schließen muss.
Selbst heute noch kann man Praxinoskope kaufen. Sie werden auch im Schulunterricht eingesetzt, um Schüler*innen die Grundlagen des Films erklären und zu demonstrieren, wie das Gehirn aus einzelnen Bildern bewegte Bilder macht.