Freitag, 01. November 2024

Bilder im Klassenzimmer und im Unterricht

Schulwandbilder sollen schon seit dem 17. Jahrhundert Schülerinnen und Schülern das Lernen erleichtern. Das vorliegende Bild ist aus den 1960er Jahren. Es ist Teil einer Serie des Ehrenwirth Verlags, die die Geschichte „Von der Eiszeit bis zur Gegenwart“ veranschaulicht.
Schulwandbild "Bedeutende Künstler und Forscher"
Schulwandbild "Bedeutende Künstler und Forscher"

Bereits 1645 veröffentlichte der Schweizer Pädagoge Jan Amos Comenius (1592-1670) den „Orbis Pictus“ mit 150 Illustrationen, die das Lernen erleichtern sollten. Er schreibt in seinem Buch Große Didaktik (1657) dazu: „Sooft als möglich ziehe man die sinnliche Wahrnehmung zu, damit alles sich leichter einprägt.“ 

Durch die Gegenüberstellung von Bild und Text konnte Comenius sein Wissen kindgerecht darstellen.  Das hier ausgestellte Buch ist eine der vielen Nachdrucke des „Orbis Pictus“ von 1883 und wurde neben den beiden ursprünglichen Sprachen Latein und Deutsch, um Tschechisch und Französisch erweitert.

Rund 100 Jahre später, 1774, schlug der deutsche Pädagoge Johann Bernhard Basedow vor, Bilder aus Büchern auszuschneiden und an die Wand zu hängen. 

Im Laufe des 19. Jahrhunderts setzten sich Wandbilder in den Schulen zunehmend durch. Reformpädagogen wie der Schweizer Johann Pestalozzi (1746-1827), auf unserem Schulwandbild auf Bild 3 als „Vater der Volksschule“ zu sehen, wollten die Schule neugestalten. Ein wichtiger Bestandteil war die Anschauungspädagogik. Der Frontalunterricht, in dem der Lehrer den Kindern den Unterrichtsstoff nur vorlas oder vortrug, war in ihren Augen der falsche Weg. Für sie verlieren die Kinder damit die Fähigkeit, eigene Entscheidungen zu treffen. Diese Fähigkeit war aber für die Reformpädagogen von entscheidender Bedeutung für die neu entstehenden Nationalstaaten. Die Kinder sollten den Stoff selbstständig verstehen und nachvollziehen können, um nicht mehr nur passive Wissensempfänger zu sein. Diese selbstständigen Bürgerinnen und Bürger sollten dann auch in der Lage sein, das Prinzip des Nationalstaates zu verstehen und gegebenenfalls zu verteidigen. 

Pestalozzi war vertraut mit der Methodik der Anschauungspädagogik. Neu war jedoch der Gedanke, dass das Bild nicht nur der Anschauung dient, sondern die Möglichkeit bietet, das Gesehene mit seiner Umwelt in Verbindung zu bringen, es vertieft zu verstehen und sich so Wissen anzueignen. Anschauungsunterricht geht also über das bloße Zeigen eines Bildes im Unterricht hinaus. Dieses Prinzip des Verknüpfens von Text, der Umwelt und der eigenen Wahrnehmung nennt man Realitätsbezug. So sollen Kinder zum selbstständigen Verstehen erzogen, was nach wie vor ein elementarer Bestandteil des Schulunterrichts ist, auch wenn sich das Medium vom Schulwandbild über Diaprojektoren bis hin zu Computern, Beamern und Smartboards gewandelt hat. 

Chiara Rees (Wissenschaftliches Volontariat)

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