Kategorie: Virtuelle Sonderausstellung

Die Handschrift - Spiegel der Seele

Sie ist einzigartig wie ein Fingerabdruck. Sie ist unmittelbar und bestimmt von unserer aktuellen Gefühlslage – und doch können wir sie beeinflussen. Die Handschrift ist viel mehr als das bloße Niederschreiben von Wörtern und Sätzen. Sie ist ein magischer Spiegel (Stefan Zweig), in dem sich die Befindlichkeit eines Menschen niederschlägt.
Poesiealbumeintrag von 1953
Eine mit der Hand geschriebene Botschaft - wie hir in einem Poesiealbum - erreicht das Herz viel intensiver als ein Text mit der Tastatur. Denn sie zeigt auch, wieviel Mühe im Geschriebenen steckt.

An einem von Hand geschriebenen Brief oder einem Tagebucheintrag kann man erkennen, in welcher Gemütslage der Schreiber war: stürmisch, liebevoll, ungeduldig, freudig… Denn beim Aufzeichnen mit Füller, Bleistift und Co. kann der Schreibende sich ohne zwischengeschaltete Software ausdrücken und kreativ sein. Deshalb gewinnt die Handschrift heute eine neue Wertigkeit, weil sie im Gegensatz zur digitalen Einheitlichkeit die Möglichkeit der individuellen Note und des Besonderen bietet.

Mythos Graphologie: Vom C zum Charakter?

Wie sehr spiegelt sich unsere Persönlichkeit in unserer Schrift wider? Und ist sie psychologisch analysierbar? Kann man anhand der Handschrift eines Menschen erkennen, wie oder was er ist? Kann man Genies oder Massenmörder durch das Studium der Handschrift identifizieren?

Zeig mir deine Handschrift und ich sage dir, wer du bist

Schon in der Antike erkannte man, dass jeder Schreiber eine für ihn typische Handschrift entwickelt. Man schloss daraus, dass bestimmte Schriftmerkmale gewisse Charaktereigenschaften offenlegen. Es entstand die Graphologie bzw. Schriftpsychologie.

Graphologie im Einsatz

In Zeiten der handschriftlichen Lebensläufe wurde die Graphologie eingesetzt, um Bewerber auf eine Arbeitsstelle charakterlich einzuordnen. Noch heute werden bei zwei bis drei Prozent der Bewerber auf Führungspositionen in Unternehmen graphologische Gutachten zur Unterschrift eingeholt. Ist die Schrift als Spiegel markanter Wesenszüge tatsächlich ehrlicher als jeder Lebenslauf?

Graphologie als Wissenschaft?

Die Annahmen der Graphologie sind jedoch wissenschaftlich nicht zu belegen. Ihr Vorgehen ist sehr unterschiedlich und die Ergebnisse deshalb schwer auf ihre wissenschaftliche Haltbarkeit zu überprüfen. Auch Untersuchungen für den kriminalistischen Einsatz führen zu keinen allgemeingültigen Einschätzungen. Außerdem lässt sich Schrift hinsichtlich ihres Bildes und ihrer Wirkung einstudieren und verändern. Wer lange genug übt, kann „unschöne“ Aspekte seiner Handschrift abtrainieren. Der einstige Schönschreibdrill in der Schule setzte genau darauf.

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