Dienstag, 01. Februar 2022

„Todesurteile wegen Vorbereitung zum Hochverrat"

Am 22. Februar jähren sich Verurteilung und Hinrichtung der „Weiße Rose“-Mitglieder Hans Scholl, Sophie Scholl und Christoph Probst zum 79. Mal. Um an ihren Widerstand zu erinnern, haben wir als Objekt des Monats einen Zeitungsartikel ausgewählt, der bei den Recherchen für den geplanten Online-Lernkurs zum Thema Schule im Nationalsozialismus im Depot des Schulmuseums zutage kam.
Zeitungsartikel über die Verurteilung von Sophie Scholl, Hans Scholl und Christoph Probst
Zeitungsartikel „Todesurteile wegen Vorbereitung zum Hochverrat“

Der Zeitungsartikel „Todesurteile wegen Vorbereitung zum Hochverrat“ erscheint vermutlich im Februar 1943 in den „Münchener Neusten Nachrichten“. Er ist auf einen weiteren Zeitungsausschnitt über den Tod der drei „Weiße Rose“-Mitglieder geklebt und an einem Stück Papier befestigt. Auf der Rückseite stehen handschriftlich drei Zitate. Das Zitat „Wir sind nichts, was wir suchen ist alles“ stammt von Friedrich Hölderlin. Das Zitat „Wer leben will, der kämpfe“ ist von Adolf Hitler. Das dritte Zitat „Das ganze Deutschland soll es sein“ ist aus dem Lied „Des Deutschen Vaterland“ von Ernst Moritz Arndt. Das Objekt gibt Rätsel auf. Es ist unklar, woher es stammt und wie es in die Sammlung des Schulmuseums Friedrichshafen gelangte. Warum diese Zitate auf die Rückseite geschrieben wurden, lässt sich nur vermuten. Vielleicht ist die Person, die sie geschrieben hat, vom Nationalsozialismus überzeugt und steht hinter der Verurteilung der „Weiße Rose"-Mitglieder.

Eine unabhängige Presse gibt es damals nicht. Die Nationalsozialisten nutzen Zeitungsartikel als Propagandainstrument, mit dem sie ihre Ideologie verbreiten können. In dem kurzen Artikel wird berichtet, dass Hans Scholl, Sophie Scholl und Christoph Probst wegen „Vorbereitung zum Hochverrat und wegen Feindbegünstigung zum Tode und zum Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte“ verurteilt wurden. Sie werden als Volksverräter dargestellt, die sich als Einzelgänger an der „Wehrkraft und dem Widerstandsgeist des deutschen Volkes“ vergangen hätten. Daher verdienten sie den „raschen und ehrenlosen Tod“.

Im Frühsommer 1942 findet sich an der Universität München eine Gruppe von Studierenden rund um Hans Scholl und Alexander Schmorell zusammen. Dazu gehören bald auch Sophie Scholl, Christoph Probst, Willi Graf und Professor Kurt Hubner. Die Mitglieder der Gruppe möchten ihre geistige Unabhängigkeit bewahren und sich nicht von den Nationalsozialisten vereinnahmen lassen. Die Gruppe nennt sich „Weiße Rose“ und verbreitet im Juni und Juli 1942 vier Flugblätter, die jeweils eine Auflage von 100 Exemplaren haben. Ein kleiner Personenkreis in München und Umgebung erhält sie per Post. Die Flugblätter rufen zum Widerstand und Weiterverbreitung auf. Die „Weiße Rose“ baut Kontakte in anderen Städten auf. In Ulm, der Heimatstadt von Hans und Sophie Scholl, formiert sich um den Schüler Hans Hirzel eine Gruppe Abiturienten, die Flugblätter verteilt und verschickt. Ein weiterer größerer Ableger der Weißen Rose ist in Hamburg aktiv. Das nächste Flugblatt wird im Januar 1943 gedruckt. Es taucht in verschiedenen süddeutschen und österreichischen Städten auf und hat eine wesentlich höhere Auflage. Die „Weiße Rose“ erweitert ab Februar 1943 ihre Aktion. Sie beschreiben Gebäude in München mit Parolen wie „Hitler Massenmörder“ und „Nieder mit Hitler“. Im gleichen Monat erscheint das nächste Flugblatt. Es fordert die Münchener Studierendenschaft auf sich von dem NS-Regime zu befreien.

Ein Hausmeister beobachtet Hans und Sophie Scholl am 18. Februar 1943 in der Universität München dabei, wie sie Flugblätter verteilten. Sie werden verhaftet und am 22. Februar gemeinsam mit Christoph Probst vor dem Volksgerichtshof zum Tode verurteilt. Noch am selben Tag werden sie hingerichtet. Kurt Hubner, Alexander Schmorell und Willi Graf werden in einem weiteren Prozess im April 1943 ebenfalls zum Tode verurteilt und hingerichtet. In fünf weiteren Prozessen gegen Mitwissende und Helfende bis Mitte Oktober 1944 werden Freiheitsstrafen bis zu zwölf Jahren ausgesprochen.

Die „Weiße Rose" und besonders Hans und Sophie Scholl sind heute fest im kollektiven Gedächtnis verankert. Zahlreiche Bücher und Filme erzählen ihre Geschichte, und Straßen, Plätze und Schulen werden nach ihnen benannt. Seit dem Frühjahr 2021 läuft auf Instagram die Serie #ichbinsophiescholl, bei der eine Schauspielerin als Sophie die Nutzerinnen und Nutzer an ihrem Alltag teilhaben lässt.  Die Serie richtet sich besonders an ein junges Zielpublikum.

Hinter der Präsenz der „Weißen Rose“ und vor allem der Personen Hans und Sophie Scholl treten die anderen Mitglieder der Widerstandsgruppe und auch andere Aktionen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen wie die Herbert-Baum-Gruppe oder die „Rote Kapelle“ oft in den Hintergrund. 

Karin Oelfke (wissenschaftl. Volontärin)

 

 

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