Donnerstag, 19. Dezember 2019

Agfa Kamera „Schulprämie“ aus 1932

Eine Boxkamera mit dem Namen „Schulprämie“. Das wirft einige Fragen auf. Und in der Tat ist unser Objekt des Monats in den 1930er Jahren eine Belohnung für die Klassenbesten bei der Zeugnisausgabe. Wie es dazu kam und wie Agfa dabei eine tragende Rolle spielt, erfahren Sie hier...
Agfa Boxkamera aus 1932
Der blauen Boxkamera sind mehrere Rollfilme beigelegt

Diese Boxkamera trägt den Namen „Schulprämie“. Sie wird in einer Gesamtstückzahl von 50.000 Stück im Jahr 1932 (Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise von 1929 bis 1933) produziert. Das Besondere an ihr ist, dass sie nur im Jahr 1932 hergestellt wird und für Schüler und Schülerinnen gedacht ist. Die Kamera hat einen Körper aus Pappe mit blauem Überzug. Vor- und Rückseite sind aus Blech und sorgen für die nötige Stabilität. Zum Fotografieren wird ein Rollfilm eingelegt. Im Rahmen einer Schulaktion, an der sich die Firma Agfa (Actien-Gesellschaft für Anilin-Fabrication) und das preußische Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung beteiligen, werden diese Geräte an die Klassenbesten bei der Zeugnisausgabe verteilt. Zu Beginn nur auf Preußen beschränkt, wird die „Schulprämie“ im ganzen Gebiet der Weimarer Republik ausgegeben.   

Wie die Fotografie den Unterricht bereichern soll

Ab Mitte der 1920er Jahre soll die Fotografie an Schulen praktiziert werden. Eine wichtige Person ist hier (für Preußen) der Oberstudienrat Richard Lange. Der „Kulturbeauftragte für Schularbeiten“ bei der Firma Agfa sieht das pädagogische Potenzial der Fotografie. Im Laufe der Zeit entstehen Fotografie-AGs an  den Schulen in denen  „[…] die Beteiligten neben einer ästhetischen Schulung eine phototechnische Ausbildung erhalten, damit sie gegebenenfalls in der Lage sind, ihre photographische Kunst in den Dienst der ganzen Schule zu stellen.“. Die Fotografien werden in den Lichtbildbestand der Schulen integriert. Die Fotografierenden sollen „[…] auch Sondergebiete z. B. Farbenpothographie, Mikrophotographie, Röntgenphotographie, und andere ausgewählte Kapitel aus dem Gebiete der Photographie […]“ kennenlernen. Auf eine Anbindung an die Schulfächer wird geachtet z. B. in der Heimatkunde. Die Kinder sollen „[…] charakteristische Züge der heimatlichen Natur […]mit der Kamera festhalten. Hier stehen die Sensibilisierung für den Naturschutz und der Aufbau einer engen Bindung an die Heimat im Vordergrund.

Die Boxkamera – Fotografie für jedermann

Die Fotografie gilt in der Weimarer Republik als Kunstform. Es werden überall Fotoausstellungen zu den verschiedensten Themen gezeigt. Die entstandenen Bilder fangen den Zeitgeist (Emanzipation der Frau, Lebenswelten, Politik und Technikbegeisterung usw.) ein. Da sich nur die wohlhabenderen Menschen eine hochwertige Kamera leisten können, muss eine einfache und kostengünstigere Variante her. Bei der Entwicklung solcher einfachen Kameras ist die Firma Agfa vorne dabei und bringt 1930 das erste Modell dieses Typs heraus. So handelt es sich bei der „Schulprämie“ um ein Modell aus einer ganzen Reihe dieser günstigen Geräte, das sich nur durch seine blaue Farbe von den anderen Boxkameras unterscheidet. Bis in die 1970er erfreut sich dieser Kameratyp großer Beliebtheit.

Pascal Koths (wissenschaftl. Volontär)